Kategorien
Stadtentwicklung

Jesses Maria! Keine Herberge dank Josef.

Als „Kandidat der ehrlich schuftenden Arbeitnehmer […], die sich in Frankfurt keine Wohnung mehr leisten können“ stellt sich der Frankfurter SPD-Parteichef und Planungsdezernent Mike Josef auf dem jüngsten Parteitag der früheren Arbeiterpartei dar. Doch hält seine Politik, was er zu sein vorgibt? Schauen wir uns das einmal genauer an.

Mehr und günstigere Wohnungen müßten in Frankfurt entstehen, und die Preise der Bestandswohnungen zumindest langsamer als das Lohnniveau steigen, damit sich die ehrlich schuftenden Arbeitnehmer eine Wohnung leisten können.

Dass der Josef’sche Baulandbeschluss eher das Gegenteil erreichen wird, hatte ich hier schon einmal dargelegt. Durch höhere Kosten, niedrigere Erträge und mehr Vorschriften für Bauherren günstigere und mehr Wohnungen schaffen zu wollen ist zwar eine originelle, aber ganz offensichtlich wenig zielführende Übung – zudem hierdurch auch noch Bestandswohnungen, für die der Baulandbeschluss nicht gilt, teurer werden.

Ganz ähnlich ist es mit dem geförderten Wohnungsbau, an dem der Frankfurter Planungsdezernent nicht nur eisern festhält, sondern ihn sogar noch erhöhen will. Dabei ist unter Fachleuten schon lange Konsens: Die Förderung nach Objektprinzip – also die Förderung der Wohnung statt des berechtigten Mieters – verzerrt den Markt, ist eine ungerechte Lotterie, da nicht jeder Berechtigte auch eine Wohnung bekommt, und führt zu Fehlbelegung. Follow the science gilt auch hier, und in diesem Fall bedeutet das: folge den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium und der großen Mehrheit der Ökonomen. Daher habe ich selbst in meinem Entwurf für das Wahlprogramm der CDU Frankfurt den Umstieg vom Objekt- auf das Subjektprinzip gefordert: nicht mehr nur 30% der Wohnungen, sondern 100% der Berechtigten fördern.

Mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, mehr Radwege, weniger Verkehr in der Kernstadt, eine autofreie Innenstadt – auch das ist Teil der Agenda des Planungsdezernenten. Per se sind das auch vertretbare Forderungen. Nur muss man dann auch ehrlich sein und klar sagen: das ist das Gegenteil von „Stadt für Alle“, sondern Klientelpolitik für eine relativ begüterte, gebildete, jüngere urbane Schicht, wie sie täglich am kleinen Friedberger Platz beobachtet werden kann. Und es ist letztlich eine Politik, die die Gentrifizierung in der Frankfurter Kernstadt weiter vorantreiben wird – denn dort, wo keine Autos mehr fahren und die Stadt lebenswerter wird, werden auch die Mieten steigen. Das musste selbst Mike Josef kürzlich bei einer seiner steuerfinanzierten Wahlkampfveranstaltungen auf dem Mainkai einräumen.

Wir sehen also: wer anderen „Inhaltsleere“ vorwirft, der sollte mehr bieten können als heiße Luft oder gar Schädliches.

Kategorien
Ökonomie Stadtentwicklung

Teurer wohnen mit Mickey Mouse

Der Baulandbeschluss soll für mehr und günstigeren Wohnraum in Frankfurt sorgen. Erreicht werden soll das, indem Bauherren (und -frauen) bei neu ausgewiesenen Baugebieten für 70% statt bisher 30% der Fläche vorgeschrieben wird, günstigen Wohnraum anzubieten. Obendrein soll noch ein großer Teil des Wertzuwachses der entsteht, wenn z.B. Ackerland zu Wohnbauland umgewandelt wird, von der Stadt abgeschöpft werden.

Die Logik des Baulandbeschlusses läßt sich also einfach zusammenfassen: erhöhe die Kosten für den Bauherren, dann wird die Wohnung billiger. Klingt unlogisch? Ist es auch. Dementsprechend haben auch IHK, Baumeister und Fachleute im Vorfeld erhebliche Bedenken angemeldet.

Letzteres ist kein Wunder, denn wenn sich Ökonomen auf eines einigen können, dann auf die Tatsache, dass Eingriffe in den Preismechanismus zu weniger und schlechterem Wohnraum führen.

Wie kommt nun trotz alledem der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef auf die Idee, dass der Baulandbeschluss zu niedrigeren Bodenpreisen und damit zu günstigerem Wohnraum führt? Die Antwort lautet: Mickey Mouse. Oder das, was wir Ökonomen als Mickey-Mouse-Modelle bezeichnen. Das sind extrem vereinfachte Modelle, die keinerlei Anspruch auf Realitätsbezug erheben, aber ganz nützlich sind, um Studenten gewisse Grundprinzipien zu vermitteln. Volkswirte lernen so etwas im ersten Semester, um dann später darauf aufzubauen und irgendwann am Ende von Studium und Doktorat bei Modellen anzugelangen, mit denen man auch tatsächlich sinnvolle Wirtschaftspolitik machen kann.

Das Problem: dieses „später“ folgt bei Stadtplanern und Architekten nicht, sie besuchen in ihrem Studium bestenfalls eine einsemestrige Vorlesung VWL für Architekten. Ich habe an der ETH Zürich selbst schon eine solche Veranstaltung vertretungsweise gehalten, weiß also, was da gelehrt wird.

Und eben solche Mickey-Maus-Modelle nehmen zum Beispiel der Einfachheit halber an, dass so ein Preiseingriff (hier: Baulandbeschluss) auf einer Insel erfolgt. Das heißt: es gibt keine bestehenden Baugebiete, keinen Immobilien-Altbestand direkt nebenan. Und es gibt für Kapital keine andere Verwendung als eben damit Boden zu kaufen, um Häuser darauf zu bauen, und auch keine Nachbargemeinden, in denen man stattdessen bauen könnte.

Wenn all dies jedoch berücksichtigt wird, wird (hoffentlich) auch dem ökonomischen Laien intuitiv klar, wozu der Baulandbeschluss führt: 1.) die 30% frei finanzierten Wohnungen in den Neubaugebieten werden teurer, um die Verluste aus den 70% regulierten Wohnungen auszugleichen. 2.) weil dieser Ausgleich nicht vollständig gelingen wird, wird weniger gebaut. Denn es gibt ja sehr wohl alternative Verwendungen für Kapital. 3.) Die Nachfrage nach und somit der Preis von Bestandsimmobilien, für die der Baulandbeschluss nicht gilt, wird steigen.

Doch im nächsten Jahr werden bei der Kommunalwahl die Karten neu gemischt. Der Fachausschuss Wirtschaft fordert daher auf meine Anregung hin in seinem Beschluss zum Kommunalwahlprogramm, den Baulandbeschluss zurückzunehmen. Hoffen wir das Beste.